Grossreform der Berufsausbildung

Interview mit dem Minister für Berufsbildung Naoufel Jammali über die Notwendigkeit einer Reform der Berufslehre in Tunesien (04:30 – französisch)

Das war ja nun mal eine wirklich interessante Veranstaltung heute morgen. Nicht die eher üblichen Ankündigungs-Presskonferenzen, wo  viele (zu 99 % männliche) Funktionäre endlos reden und wenig Substantielles dabei heraus kommt. Man kann sich gar nicht vorstellen, für was hier in Tunis alles Presskonferenzen abgehalten werden. Schon fast jede Aussage eines Politikers auf einer Radiofrequenz hat eine Pressekonferenz zur Folge, wo in schöner Regelmässigkeit ein Dementi erfolgt. Die Journalisten verdrehen dann jeweils die Augen und sagen „bidun“ – das war nun wirklich unwichtig.

Naoufel Jammali
Naoufel Jammali

Und jetzt das. 10. Oktober 2013. Die Ankündigung einer Grossreform in der nationalen Berufsausbildung entlang zweier wichtigen Ziele: Die Qualität der Ausbildung soll angehoben werden und  besser mit den Bedürfnissen der tunesischen Wirtschaft verknüpft werden. Keine Ausbildung mehr, damit einfach mal ausgebildet ist, sondern eine Ausbildung deren primäres Ziel es ist, die Vermittlung der jungen Generationen am Arbeitsmarkt zu verbessern. Die Weiterbildung der ausbildenden Fachleute soll angehoben werden, Lebenslanges Lernen ist ein erklärtes Ziel der Berufsbildung, die transparente Gouvernanz und Finanzierung der Reform ist Teil des Grossprojekts.

Endlich, kann man nur sagen. Hier gibt es doch ein paar kluge Menschen in der Regierung, die sich nicht nur mit der Opposition einen täglichen Zermürbungskampf liefern, sondern die dieses Land wirklich voran bringen wollen. Das kann Tunesien nur gut tun. Es ist das erste Mal während meines bald 6-wöchigen Aufenthalts, dass ich darüber informieren kann, dass sich ein konkretes Projekt der Regierung mit nachhaltigen Massnahmen der hohen Jugendarbeitslosigkeit annimmt.  Danke, Minister Jammali.

Es bleibt zu hoffen, dass der unabhängige Minister für Berufsbildung und Angestellte Naoufel Jammali nicht der nächsten Regierungsumbildung zum Opfer fällt. Der ausgearbeitete Fahrplan für die nächsten vier Jahre (2014 bis 2018) überzeugt und ist in einer Art Vernehmlassung von verschiedenen Akteuren, Berufsbildungszentren, Wirtschaftskreisen und Regierung ausgearbeitet worden, eine solide Konsenslösung also. Fällt allerdings die treibende Kraft weg, würde auch dieser Effort verpuffen. Inshallah, sagte Minister Jammali deshalb im Interview, so Gott will, können wir 2014 damit beginnen.

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