Indischer Transit

Die erste Etappe meiner Reise nach Dhaka ist geschafft. Von Zürich ging’s über Wien nach Delhi. Vor rund einer Stunde bin ich mitten in der Nacht in Indien gelandet. Mein Gepäck dreht wahrscheinlich schon seine Runden auf dem Gepäckausgabeband während ich im Transitbereich des Flughafens festsitze. Ohne Pass, ohne Ticket für den Weiterflug und ohne «Baggage-Tag». Denn all das hat mir ein Angestellter des Bodenpersonals abgenommen. Die eine Hand am Telefon, die andere mit meinen Unterlagen wild gestikulierend, ist er in einem für mich unzugänglichen Bereich verschwunden. (Da ich kein Visum für Indien habe, darf ich den Transitbereich des Flughafens nicht verlassen. Jemand vom Bodenpersonal muss deshalb mein Gepäckstück in Empfang nehmen und es für die Weiterreise wieder neu einchecken.)

Zu müde, um mich über den Verbleib meiner Papiere zu sorgen, sitze ich da und schaue dem Treiben zu. Von den rund zehn Angestellten steht mindestens die Hälfte tatenlos hinter einer Theke und lässt allfällige Kunden links liegen. Von den restlichen kommt zwischendurch jemand zu mir und fragt zum wiederholten Male nach der Passnummer, mit welcher Airline ich angekommen sei und wohin die Reise gehe. Meine Angaben werden jedes Mal gewissenhaft auf einem Blatt Papier notiert oder per Telefon weitergegeben. Ich denke gerade, dass dies wohl ein Beispiel für die berüchtigte indische Bürokratie ist, als ich zur Theke gerufen werde, wo man mir meine Unterlagen zusammen mit der Boardingkarte und dem neuen «Baggage-Tag» aushändigt.

Die restlichen Stunden bis zum Morgenflug nach Dhaka verbringe ich schlafend auf einem wellenförmigen Liegesessel. Als eine halbe Stunde vor Abflug mein Wecker klingelt, sind schon alle Passagiere eingestiegen. Als Letzte betrete ich das Flugzeug und begreife nun auch, warum das Boarding so schnell ging: Der Flieger ist nur zu einem Drittel besetzt. Was für ein Luxus, eine ganze Sitzreihe für mich! So viel Platz werde ich in den nächsten drei Monaten in Bangladesch wohl vergeblich suchen.

Träumen über den Wolken
Träumen über den Wolken

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