Die Attacke von Banjska

Am 24. September ereignete sich in Banjska, im Norden von Kosovo, etwas Ungeheuerliches. Dreissig bewaffnete und maskierte Männer überfielen das Klosterdorf bei Mitrovica. Mit Lastwagen blockierten sie die Brücke, die das Dorf mit der Hauptstrasse verbindet. Mitten in der Nacht musste die kosovarische Polizei ausrücken. Die Angreifer lieferten sich stundenlange Gefechte mit der kosovarischen Spezialeinheit – dabei wurde ein Polizist tödlich getroffen. Zwei der maskierten Männer kamen ums Leben.

Banjska. (Foto: Adelina Gashi)

Es war ein Sonntag in der Früh, ich war zu Besuch bei meiner Familie in Peja, als mich die Nachricht über den Anschlag in Banjska erreichte. Ein surreale Vorstellung – nur etwa eineinhalb Stunden Autofahrt entfernt, hatte sich in dieser Nacht der schlimmste Gewaltakt in Kosovo seit den Ausschreitungen von 2005 ereignet.

Und ich, ich war mittendrin, aber irgendwie auch nicht. In Peja trottete der Alltag vor sich hin, als wäre nichts geschehen. Meine Tante reagierte besorgt, Angst machte ihr die Nachricht über den Anschlag aber nicht. Wir sassen bei Kaffee und Keksen auf dem Balkon und genossen den sonnigen Morgen. Ruhe bewahren – wahrscheinlich eine Eigenschaft, die Menschen aus politisch aufgeladenen Regionen besser beherrschen, als andere. Diametral anders sah die Nachrichtenlage zu diesem Zeitpunkt aus. Die zahlreichen Online-Newsportale, die in den vergangenen Jahren in Kosovo wie die Pilze aus dem Boden geschossen sind, übertrumpften sich mit reisserischen und alarmistischen Schlagzeilen. Dies, bevor überhaupt feststand, was sich tatsächlich in Banjska abgespielt hatte.

Ich griff an diesem Sonntagmorgen zum Telefon und schrieb meiner Redaktorin: “Hast du gesehen, was im Norden von Mitrovica geschehen ist?” – “Wir sind bereits dran”, meinte sie.

Wie wichtig faktenbasierte und verifizierte News sind, wurde mir durch die Berichterstattung zur Attacke in Banjska einmal mehr verdeutlicht. Im Dickicht aus Informationen und News-Portalen, hat sich Balkan Insight, darunter auch Prishtina Insight und Kallxo.com, der wahrheitsgetreuen Berichterstattung verpflichtet. Was selbstverständlich sein sollte, ist in der doch eher jungen kosovarischen Medienlandschaft noch nicht Standard.

Innert weniger Tage kursierten die abenteuerlichsten Behauptungen zu den Ereignissen in der Klosterstadt. Ein Portal behauptete, sieben Männer seien bei dem Anschlag ums Leben gekommen. Ein anderes sprach wiederum von zehn. Verschiedene Medien schrieben, sie hätten die Identitäten der Angreifer enthüllt.

Balkan Insight, Kallxo und Prishtina Insight haben nicht den Anspruch, die Schnellsten zu sein. Dafür sind sie diejenigen, die sich an die Fakten halten und Falschbehauptungen auch mal widerlegen.

Meine Redaktorin beauftragte mich damit, die Falschinformationen, die zur Banjska-Attacke kursierten, für einen Artikel zu fact-checken und richtig zu stellen. Gerade in einer solchen Krise, die Unsicherheit in der Bevölkerung auslösen kann, sind vertrauenswürdige Medien von grosser Wichtigkeit. Journalismus als vierter Pfeiler der Demokratie – in Kosovo fühlte ich mich diesem Versprechen näher als je zuvor.

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Über die Hintergründe zur Attacke in Banjska habe ich gemeinsam mit der Journalistin Franziska Tschinderle für die Republik eine Reportage geschrieben. Dort erklären wir, wer vermutlich hinter der Attacke steckte, wie es dazu kommen konnte, und was es für die angespannte Beziehung zwischen Kosovo und Serbien bedeutet.

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