Ekeko macht sich ans Werk

Das Steinfigürchen aus Bern ist in La Paz angekommen und soll nun die Wünsche der Bolivianer erfüllen. Einen Anfang hat es schon mal gemacht – im Fussballstadion.

Zehn Tage lang war es verschwunden gewesen, das kleine Steinmännchen, das das Bernische Historische Museum nach zähen Verhandlungen nach Bolivien zurückgeschickt hatte, wo es von der Regierung entgegen wissenschaftlicher Erkenntnisse als „Illa de Ekeko“, als Gottheit der Fülle, des Wohlbefindens, des Überflusses angesehen wird. Tag für Tag hatte ich mich erkundigt, ging vorbei im Nationalen Archäologiemuseum in La Paz. Nein, man wisse nicht, wo die Figur sei, hiess es erst. Man melde sich, sobald sie auftauche. Nein, man dürfe nicht sagen, wo die Figur sei, hiess es dann, das dürfe nur der Museumsdirektor, und der sei auf Reisen, an einem Ort, wo es keinen Handyempfang gebe. Was ich da noch nicht wusste: die Steinfigur war längst im Archäologiemuseum, und zwar im Keller, geschützt vor Licht und Wind, damit sie sich an den tieferen Luftdruck und die im Vergleich zu Bern weniger feuchte Luft gewöhnen konnte. Am Montag dann war es so weit: Der bolivianische Präsident Evo Morales höchstpersönlich berief eine Pressekonferenz ein, um die frohe Kunde der erfolgreichen Repatriierung des Ekeko unter die Journalisten zu bringen.

Bolivia's President Evo Morales holds a fertility statue as he speaks during a news conference at the presidential palace in La PazSchamanen aus dem Volk der Aymara ebenso wie Träger von Regierungsposten liessen verlauten, der Ekeko sei das Teilchen, das noch gefehlt habe, damit Bolivien prosperiere. Die Schweiz sei schliesslich trotz weitgehender Absenz von natürlichen Ressourcen eines der reichsten Länder der Welt, hiess es. Warum wohl? Klar, wegen der Energie des Ekeko. Die Bolivianer dagegen schufteten seit Jahrzehnten für ihr täglich Brot und kämen doch nicht recht vom Fleck. Jetzt aber, wo die Gottheit des Überflusses zurück sein, werde sich das ändern. Aus unserer Sicht interessant wäre natürlich, ob es nun mit der Schweiz im Gegenzug gezwungenermassen bachab geht, aber diese Frage kümmert hier in La Paz natürlich keinen.

Vom Ekeko wird nichts weniger erwartet, als dass er die Wünsche eines Volkes in Erfüllung gehen lässt. Etwas, was sich zumindest alle Fussballaffinen in diesem Land schon seit geraumer Zeit wünschen, ist ein Sieg ihrer Nationalmannschaft. Seit über zwei Jahren, genau genommen seit dem 16. Oktober 2012 und einem 4:1 gegen Uruguay, hat die bolivianische Elf kein offizielles Spiel mehr gewonnen. Am Dienstag, dem Tag nach der Präsentation Ekekos, bot sich ihnen eine neuerliche Chance – im letzten Spiel das Jahres, im Stadion Hernando Siles zu La Paz, gegen Venezuela.

Bolivia VenezuelaUnd siehe da: Die Heimmannschaft legte gleich los, kombinierte passabel, kam zu einigen Chancen, die sie allerdings nicht nutzte. In Führung ging dann Venezuela. Doch mit der Energie Ekekos im Rücken vermochten die Bolivianer umgehend auszugleichen. Und nicht nur das: Nach der Pause ging die in weiss spielende Heimmannschaft gar in Führung. Würde Bolivien tatsächlich endlich wieder einmal einen Ländervergleich siegreich gestalten können? Das Drehbuch wollte es so, dass ausgerechnet ein Wahlberner sein Veto einlegte. Alexander González, bei YB unter Vertrag und derzeit an den FC Thun ausgeliehen, schloss einen Konter der Vinotinto, der weinroten Venezolaner, mit einem kompromisslosen Schuss unter die Latte ab. Ausgleich. Wieder kein Sieg also für die Bolivianer? Denkste. Offensichtlich beflügelt von der Energie des Exberners Ekeko, haute der Stürmer Juan Carlos Arce den Ball drei Minuten vor Schluss mit einem Prachtschuss zum Siegtreffer in die Maschen – zum ersten bolivianischen Vollerfolg seit zwei Jahren. Ekeko hat seinen ersten Job erfüllt.

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