Kwaheri Tansania

Das Braupaar umringt von Gästen – links im Bild ist der Kühlschrank zu sehen (Bild: Marc Bürgi).

Sieben Wochen bin ich nun schon hier in Tansania, mein Stage ist leider fast vorbei. Es war eine lehrreiche Zeit, voller Eindrücke und Erfahrungen. Eine weitere Erkenntnis kam am letzten Samstagabend dazu: An tansanischen Hochzeiten wird sehr spät gegessen. Erst kurz nach zehn Uhr strömte die Festgesellschaft Richtung Buffet. Es war für mich ein freudiger Moment, denn die Stunden davor hatte ich mit knurrendem Magen verbracht. Doch meine Stimmung litt nicht darunter, ich genoss den Abend.

Es war die Hochzeit von Jesca und Poul, dem Bruder meines Freundes Kizito. Poul hatte mich spontan zu dem Fest eingeladen, als ich ihn am Wochenende davor mit Kizito kennengelernt hatte. Um sechs Uhr würde das Fest beginnen, hatte mir Poul gesagt.

Tanzen gehört dazu

Pünktlich stand ich an jenem Abend also im Festsaal. Nur um zu merken, dass ich die Zeitvorgabe durchaus etwas lascher hätte interpretieren können. Die meisten Gäste trafen erst gut zwei Stunden später gemeinsam mit dem Brautpaar ein.

Ein Moderator führte durch den Abend. Dieser enthielt zwar die vertrauten Elemente: Verwandte und Freunde hielten Reden, ein Pfarrer kam zu Wort. Und das Brautpaar schnitt gemeinsam die Hochzeitstorte an und offerierte sich gegenseitig Stücke davon.

Dennoch war das Fest anders, als ich es von der Schweiz her kannte. Es wurde viel getanzt, und dies den ganzen Abend lang, nicht erst am Schluss. Immer wieder kam es zu spontanen Tanzeinlagen, oft wurde daraus eine Polonaise, an der sich der halbe Saal beteiligte. Ungewohnt war für mich auch der Abschluss des Festes. Die Gäste wurden gruppenweise aufgerufen und überreichten Geschenke. Als Höhepunkt wurde gar ein neuer Kühlschrank durch den Festsaal getragen.

Das Brautpaar schneidet die Hochzeitstorte an (Bild: Marc Bürgi).

Als Stargast mit am Tisch

Die meisten Gäste hatten sich finanziell an der Organisation des Festes beteiligt, wie ich im Vorfeld mitbekommen hatte. Auch ein Mitgift ist üblich, Poul hatte also Geld an die Familie von Jesca gezahlt.

Ich als Europäer war von diesen Traditionen ausgenommen, obwohl ich eigentlich gerne etwas beigesteuert hätte. Eine Deutsche war auch eingeladen, und wir beide trugen auf andere Weise zu dem Anlass bei. Wir waren die Stargäste, mit denen Poul den übrigen Gästen etwas Weltgewandtheit demonstrierte.

Das Klima setzte mir zu

Die Hochzeit war einer der vielen Höhepunkte in meinem Aufenthalt. Tiefschläge gab es auch einige. Zweimal hatte ich eine leichte Lebensmittelvergiftung, und das tropische Klima machte mir auch zu schaffen. Aber solche nutritiven und klimatologischen Herausforderungen gehörten zum Erlebnis dazu.

Wie blicke ich also auf das Stage zurück? Mir viel Befriedigung und Freude.

Zu diesem Gefühl trug auch meine Gastredaktion beim «Chanzo» bei. Es machte Spass, mit Chefredaktor Khalifa und den übrigen Journalistinnen und Journalisten zusammenzuarbeiten. Und es inspirierte:  Ich klappte jeweils nach acht Stunden den Laptop zu, die anderen vom Team blieben oft bis spät am Abend und waren häufig auch am Wochenende im Büro. Inspirierend war auch die journalistische Haltung: Die Redaktion schreibt kritisch gegen Missstände an und riskiert dadurch, Probleme mit der Regierung zu bekommen. 

Viel Raum für einen Regierungskritiker

Beispielsweise gab mir mein Chef Khalifa die Aufgabe, über die Vergabe des Weimarer Menschenrechtspreises zu schreiben. Den hat dieses Jahr der Tansanier Joseph Moses Oleshangay gewonnen. Oleshangay gehört dem Volk der Maasai an und engagiert sich gegen die Vertreibung der Maasai aus Stammgebieten rund um den berühmten Ngorogoro-Krater. Offiziell will die Regierung damit die einzigartige Tierwelt in dem Gebiet schützen. Oleshangay sieht Korruption und geschäftliche Interessen als die wahren Motive.

Ich hatte gezögert, in meinem Artikel über die Preisvergabe ausführlich über Oleshangays Kritik an der Regierung zu schreiben. Khalifa überarbeitete meinen Text aber gründlich, und wir veröffentlichten schliesslich einen sehr regierungskritischen Artikel. Etwas von dieser Einstellung möchte ich mit nach Hause nehmen – auch in einem Land wie der Schweiz, wo institutionelles Versagen seltener ist, sollten Medien Probleme benennen und unbequeme Fragen stellen.

Auf Wiedersehen Tansania

Sieben Wochen war ich in Tansania. Die Zeit war zu kurz, um ein tiefes Verständnis von Land und Leuten zu gewinnen. Bei meinen Begegnungen und Beobachtungen kam mir oft der gleiche Gedanke: Ich verstehe nicht wirklich, wie die Dinge hier funktionieren und was die Menschen denken. Tansania ist mir fremd geblieben. Ob sich an diesem Gefühl nach einem längeren Aufenthalt etwas ändern würde? Vermutlich nicht. Um das herauszufinden, sollte ich wiederkommen: Kwaheri, auf Wiedersehen Tansania!

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