Ob Nepal oder Nippel, wen interessiert das schon
Kathmandu Diaries #1:
Seit zwei Wochen bin ich nun bereits in dem Land, das zuletzt weltpolitisch für Furore gesorgt hat, weil ein gewisser Ignoramus im Weissen Haus, dem der kleine Staat anscheinend nicht bekannt war, dessen Namen als “Nippel” (jene mit Hang zu vorpupertärem Humor, mögen an dieser Stelle einmal hinter vorgehaltener Hand kichern) ausgesprochen hat. Im Fokus der Weltöffentlichkeit ist Nepal aber immer wieder einmal und meistens wegen Gravierenderem als einer gewissen orthographisch Ähnlichkeit seines Namens mit der weiblichen Anatomie.
Ein rund 10 Jahre andauernder Bürgerkrieg, ein Königsmassaker und ein verheerendes Erdbeben 2015 haben das Land in den letzten zwanzig Jahren bewegt und auch in der Schweiz in die Schlagzeilen gebracht. Fuer den Landboten habe ich damals über Winterthurer Hilfe beim Wiederaufbau nach dem Erdbeben geschrieben und mich zum ersten Mal ausführlich mit dem Land befasst.
Nepal ist aber auch abseits der Negativschlagzeilen vielen ein Begriff: unzählige Hindu-Tempel von kulturhistorisch höchster Bedeutung, Nationalparks mit Tiger, Nashörnern und Elefanten und nicht zuletzt die höchsten Berge der Welt haben das Land zu einem immer beliebteren, und ab 7000 Höhenmetern kontroverseren, Tourismus- und Expeditionsziel gemacht, es wurde von Lonely Planet zu den Top Destinationen 2017 gekuert und Kathmandu war bereits in den 70er-Jahren eine Zieldestination des Hippie-Trails. Auch ich bin vor zwei Jahren während eines Monats durch Nepal gereist, habe Berge, Tempel, Nashoerner gesehen.
Jetzt bin ich wieder hier, dieses Mal aber nicht als Tourist. Eher gehöre zu den zahlreichen internationalen Expats und Volunteers, die sich im Süden von Kathmandu, in der ehemaligen Königsstadt Patan, heute ein Quartier der Hauptstadt, angesiedelt haben und seit nunmehr 50 Jahren in irgendeiner Form daran mitarbeiten, das sich Nepal endlich entwickelt. World Food Program, Unicef, ICRC, Helvetas, und die Büros für Entwicklungszusammenarbeit verschiedenster Staaten – sie alle sind mit Büros und Mitarbeitern vor Ort, und haben einen Mikrokosmos erschaffen, in dem Yogastunden, Cappuccinos und was das westliche Herz sonst noch begehrt quasi rund um die Uhr verfügbar sind.
Ich bin allerdings aus einem nochmals etwas anderen Grund hier: Während der nächsten zwei Monaten werde ich bei der Lokalzeitung Kathmandu Post als Stagaire für die Meinungsseite arbeiten. Mein Aufenthalt hier ist Teil eines Projekt der Journalistenschule Maz und des schweizerischen Departements für Entwicklungszusammenarbeit. Das Projekt ermoeglicht Schweizer Journalisten, einige Wochen in einem Projektland der Deza zu verbringen und den journalistischen Alltag dort zu erleben. Gleichzeitig lerne ich auch die Arbeit des Deza in Nepal vor Ort kennen. Und idealerweise bringe ich aus meinen Erlebnissen und Recherchen hier den einen oder anderen Artikel in einer Schweizer Publikation heraus. Auf jeden Fall aber werde ich in den kommenden Wochen hier regelmässig aus meinem Alltag berichten.
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