Freitagabend 18:30, wir stehen zuvorderst in der Kathedrale von Granada. Hinter uns sind die Bänke bis auf den letzten Platz besetzt, eine Traube von Gläubigen bildet sich beim Eingang. Wer kann, drängt sich bis ganz nach vorne zur Treppe vor dem Altarraum. Denn dort steht sie auf dem Hochaltar: Die Jungfrauenstatue, «La Purísima» (Die Reinste). Wie jedes Jahr neun Tage vor dem Feiertag Mariä Empfängnis, geht die heiligste Figur Granadas auf Tournée. Auf einer beleuchteten Trage wird sie von einem Dutzend Männern an neun Abenden durch die Strassen getragen. Doch heute ist die «Bajada», der Abstieg der Jungfrau.Unser Auftrag lautet, Fotos und Videos zu liefern. Doch plötzlich wollen alle nach vorne. Die jungen Leute wegen ihrer Handykameras, die strenggläubigen Männer und Frauen aus ehrfürchtiger Anbetung. Nach einer feierlichen Messe kommt der langersehnte Moment, als sich der Hochaltar zu senken beginnt. Eine pompöse Lichtshow, Rauch, Geschrei. Das Gedränge wird immer heftiger und während wir unsere Aufnahmen machen, sorgen wir uns bereits darum, wie wir den Weg nach draussen finden werden. Denn vor der Kirche wartet eine weitere Menschenmasse darauf, den Festzug zu Ehren der Jungfrau zu begleiten. Wir verlieren uns in der Menge. Eine von uns findet einen Platz auf einer Säule beim Ausgang, die Andere verfolgt den Transport der Trage durch das Kirchenschiff. Schliesslich stehen wir vor der Kirche, schlängeln uns an unzähligen Essständen und Getränkewagen vorbei und können nur noch abwarten, bis die Parade mit der erleuchteten Statue den Hauptplatz verlässt. Erst als die Menschen langsam in die erste Seitenstrasse einbiegen und davonziehen, stehen wir uns wieder gegenüber. Rundherum schreien die Gläubigen lauthals die Worte, welche sie bis zum Feiertag unermüdlich wiederholen werden: «¿Quién causa tanta alegría?» «¡La Concepción de María!». (Wer bringt so viel Freude? Die Empfängnis der heiligen Maria!)

Text: Andrea Müller / Bild: Tanja Lander