Bin ich sponsored content?
Dieser Text ist eine persönliche Reflexion der Autorin.
Meine Zeit bei der Kathmandu Post ist das zweite Mal in meinem Leben, dass ich Geld vom eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten erhalte. Das erste Mal habe ich auch tatsächlich fürs EDA gearbeitet, ich habe während dem Studium ein Hochschulpraktikum auf einer Botschaft gemacht. Dieses Mal ist es die Direktion für Entwicklungszusammenarbeit, die mir nicht nur den Aufenthalt hier ermöglicht sondern auch mindestens zum Teil finanziert, dass ich mich durch die ganze nepalesische Street-Food-Palette degustieren kann. Das kostet im Einzelfall etwa einen umgerechneten Franken, aber diese Palette ist gigantesk, das läppert sich schon.
Links: Momos (Rishika Dhakal). Rechts: Panipuri. Wird mit Chilliwasser gefüllt und dann in einem Happen verspiesen.
Entwicklungszusammenarbeit soll sich für die Schweiz lohnen, das ist keine Verschwörungstheorie sondern ganz offiziell so in der Deza-Strategie festgehalten. Da ich ja jetzt quasi Entwicklungszusammenarbeit bin, soll meine Arbeit bei der Kathmandu Post der Schweiz also etwas bringen. Der Slogan der Zeitung ist allerdings «without fear or favour», irgendwie ein wenig widersprüchlich.
Jetzt ist es ja nicht so, dass mich Ignazio Cassis oder Deza-Chefin Patricia Danzi angerufen hätten, als ich am Gate nervös an einem Kit Kat mümmelte, um mich ins Gebet zu nehmen und zu überprüfen, ob ich auch die Nationalhymne auswendig kenne. Während meinem Hochschulpraktikum war das anders, zwar wurde ich auch dort nie von einem Bundesrat oder der Deza-Chefin angerufen, aber durchaus von anderen Vertretern aus Bern instruiert. Wenn ich gegenüber Vertretern anderer Ländern den Mund aufgemacht habe, hatte ich die Linie der «offiziellen Schweiz» zu vertreten.
Alles ist gut, solange du frei bist
Ich werde von der Deza oder dem MAZ weder instruiert noch unter Druck gesetzt, gewisse Themen zu bearbeiten. Bei der Kathmandu Post kann ich schreiben was ich will. Beziehungsweise das, was mein Vorgesetzter gut findet. Er ist ein Nepalese, in Kathmandu geboren und aufgewachsen. Ich habe ihn gefragt, ob ihn eigentlich stört, dass ich Geld von der Deza erhalte, um für ihn zu arbeiten. Er hat verneint, solange ich in meiner Themenwahl frei sei, sei ihm das egal.
Ich bin zwar frei in meiner Themenwahl. Bisher ist sie aber so schweizerisch geprägt, dass es mich selbst schockiert. In einem fremden Land, ohne die Sprache zu beherrschen, ohne viele Kontakte und trotzdem mit einem gewissen Druck und Bedürfnis nach Output, liegt der Weg des geringsten Widerstandes nunmal dort, wo ich Menschen kenne. Menschen, die ich nach drei Wochen kenne, sind zu einem erheblichen Teil Schweizer:innen oder Expats.
Beim NGO La Dhoka werden Frauen zu Schneiderinnen ausgebildet.
Ich habe also über eine Schweizerin geschrieben, die hier die «Himalayan Database» betreut. Nicht publiziert aber schon geschrieben ist ein Artikel über ein NGO, das von einer Schweizerin mitbegründet wurde. Auf meiner To-do-Liste stehen zudem Artikel über die Anliegen von Ausländer:innen, die mit Nepales:innen verheiratet sind und ein «Book talk» mit einem Mann, der zwar Nepalese ist, mir aber von der Schweizer Botschafterin höchstpersönlich vorgestellt wurde. Alles in allem habe ich die Schweiz bisher fleissig vertreten.
Auftritt der Schweizerin Gigi am „God is a Woman“-Festival in Kathmandu, mitfinanziert von der Schweizer Botschaft.
Ich würde behaupten, meine Generation an Journalist:innen setzt auf den Redaktionen langsam durch, dass jeder zwangsläufig seine Perspektiven und Erfahrungen in die Arbeit einbringt und nicht ein verzweifelter Schrei nach einer absoluten Neutralität Not tut, sondern Reflexion über diese Perspektiven.
Lobsang ist mit einer Französin verheiratet und gehört zu einer Gruppe, die darum kämpft, dass der Aufenthaltsstatus ihrer Partner:innen weniger prekär wird.
Meine Themenwahl ist auch noch von anderen Eigenschaften beeinflusst, als von meinem qua Geburt knallroten Pass. Auf meiner To-do-Liste steht auch ein Artikel zu einer neu aufgetauchten Reiskrankheit. Würde es wohl nicht, hätte ich nicht mal sieben Jahre an der ETH verbraten, um mich jetzt Agronomin nennen zu dürfen. Der Bauernverband zahlt mir allerdings keinen Lohn. Die Schweiz finanziert jedoch mit. Deshalb frage mich langsam: Müssten meine Kacheln auf der Webseite eigentlich mit einem «paid post» versehen werden?
Nun, das mit dem „paid post“ soll ein Witz sein. Was ich aber ernsthaft wollte ist, dass in meiner Online-Biografie geschrieben steht, wer meinen Aufenthalt (teil)-finanziert. Das wurde allerdings als „zu spezifisch“ rausgestrichen.
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