«Akwaaba» – Willkommen in Ghana

Eine Woche vor Beginn meiner Arbeit reise ich nach Ghana, um Land und Kultur auf eigene Faust zu erkunden. Vieles ist neu, ungewohnt und manchmal auch etwas anstrengend, doch in einem bin ich mir sicher: Ich bin willkommen. Oder, wie mich die Ghanaer und Ghanaerinnen im hier oftmals gesprochenen Dialekt Twi begrüssen: «Akwaaba». Schon nach wenigen Tagen, könnte ich von zahlreichen Akwaaba-Erlebnissen berichten, deshalb hier einige davon.

«Akwaaba» auf der Influencer-Party

Kaum gelandet, finde ich mich zwischen Dutzenden gestylten ghanaischen Influencern und Influencerinnen wieder – zugegeben, ich bin eindeutig underdressed!

Flughafen Accra. (Bild Zoe Geissler)

Aber von vorne: Knapp zwei Stunden zuvor bin ich gelandet, habe meinen Koffer vom Gepäckband geholt (so schwer, dass ich mich frage, was ich alles eingepackt habe?), Impfzertifikat und Pass vorgezeigt und zum ersten Mal das Wort «Akwaaba» gesehen, mit dem Ghana Ankommende willkommen heisst.

Draussen wartet bereits der Fahrer meines neuen temporären Arbeitgebers (Pulse Ghana) auf mich. «Akwaaba», sagt er und führt mich zu seinem Auto. Er bringt mich zu meinem Apartment in Accra, damit ich mein Gepäck ausladen kann, bevor es direkt weiter zur Influencer-Party geht . Auf meine Frage, ob ich mich umziehen soll, meint er nur: «No, no. You can come as you are». Da ich noch in meinen bequemen Reisekleidern bin, entscheide ich, ein lockeres Sommerkleid anzuziehen. Dass dieses Kleid nicht zum glamourösen Anlass passt, merke ich wenige Minuten später.

Im Eventlokal De-Icon werden an diesem Abend die Pulse Influencer Awards in verschiedenen Kategorien verliehen. Das Motto lautet «Futuristic Fashion» – und die Outfits sind entsprechend spektakulär. Extravagante Kleider und Anzüge in schwarz, weiss oder silbern, glitzernder Schmuck, skurrile Brillen, auffällige Hüte und Schuhe, bei denen ich staune, dass man darin gehen kann.

Auch wenn ich mit meinem Outfit aus der Reihe tanze, fühle ich mich hier trotzdem wohl. Das liegt unter anderem daran, dass mich meine neuen Arbeitsgspänli herzlich begrüssen. Jeder und jede, dem ich vorgestellt werde, meint schlicht und einfach: «Akwaaba».

«Akwaaba» an der Küste

Fahrt nach Elmina. (Foto: Zoe Geissler)

Eine Woche habe ich Zeit, in Ghana herumzureisen. Ich beschliesse, ein Strandhotel einige Stunden von Accra entfernt zu buchen, in der Nähe mehrerer touristischen Must-Dos’s. Da alle Busse ausgebucht sind, organisiert mir das Hotel spontan einen Fahrer.

Knapp fünf Stunden sind wir unterwegs. Die Strassen sind holprig wegen der vielen Schlaglöcher, der Verkehr unübersichtlich. Wir passieren kleinere und grössere Dörfer, wo Strassenverkäuferinnen Getränke und Snacks verkaufen, während Ziegen und Hühner zwischen Abfällen (vor allem PET-Flaschen) nach Essensresten suchen. Und, wir fahren auf den staubigen Strassen durch tropisch grüne Landschaften, die mich an die Serie «Lost» erinnern.

Im Hotel, gelegen in einem kleinen, einfachen Fischerdorf nahe Elmina, werde ich mit dem traditionellen «Akwaaba» herzlich empfangen. Das Abendessen – Fisch im Bananenblatt – wartet bereits auf mich.

Sklavenfestungen: Erinnern an eine düstere Vergangenheit

Am nächsten Tag holt mich das Taxi früh ab: Nach dem Besuch im Kakum-Nationalpark (leider keine Tiere gesehen), fahren wir weiter zu den zwei eindrucksvollen Festungen an der Küste. Cape Coast Castle und Elmina Castle wurden zunächst unter anderem für den Goldhandel benutzt, bevor sie im 17. und 18. Jahrhundert zu zentralen Knotenpunkten des transatlantischen Sklavenhandels wurden. Während Cape Coast Castle als die grösste Sklavenfestung gilt, war Elmina Castle die erste europäische Festung südlich der Sahara. Heute gehören sie zusammen mit anderen Festungen in Ghana zum UNESCO-Weltkulturerbe als Zeugnisse des Gold- und Sklavenhandels.

Die Besucher und Besucherinnen werden von einem Guide durch die Verliese – Dungeons – geführt, in denen einst unzählige Sklaven unter miserablen Bedingungen eingesperrt wurden. Viele erkrankten und starben bereits dort. Diejenigen, die überlebten, wurden durch die «Door of No Return» auf Boote getrieben, die sie nach Amerika brachten, wo sie, sofern sie überlebten, verkauft wurden.

Es wird angenommen, dass durch den transatlantischen Sklavenhandel etwa 40 Millionen Menschen in Afrika verschleppt und versklavt wurden. Lediglich jeder Vierte überlebte die Gefangennahme auf dem afrikanischen Kontinent, die Torturen der Verschleppung vom Landesinneren an die Küsten sowie die grausamen Strapazen der Überfahrt.

Die Führung ist eindrücklich und geht allen nahe geht. Schon nach wenigen Minuten in den Verliesen ist man froh, wieder an der frischen Luft zu sein. Unvorstellbar, dort einen Tag oder gar Wochen eingesperrt zu sein.

Fischerboote vor dem Cape Coast Castle: Während die Castles ein Ort des Gedenkens sind, geht draussen der Alltag weiter. (Foto: Zoe Geissler)

«Akwaaba» bei der Arbeit

Meine Sitznachbarin Dorcas versucht mir Twi beizubringen. (Foto: Zoe Geissler)

Die Woche vergeht, wie im Flug, und schon steht mein erster Arbeitstag bevor. Am Montag um acht Uhr werde ich für einen kleinen Rundgang empfangen, bevor ich im Redaktionsteam starte. Mein Arbeitsplatz ist neben Dorcas, die es sich gleich zur Aufgabe macht, sich um mich zu kümmern.

Bis um 11 Uhr bleibt es relativ ruhig. Dann beginnt die Redaktionssitzung, in der ich mich kurz vorstelle. Da ich nun in Ghana bin, sind sich meine neuen Arbeitsgspänli einig, dass ich einen ghanaischen Namen brauche – einen Akan-Vornamen. Die Akan, eine Bevölkerungsgruppe aus Westafrika, benennen ihre Kinder nach dem Wochentag ihrer Geburt. Da ich ein Sonntags-Kind bin, heisse ich von nun an Akosua (mehr zur Bedeutung der Wochentag-Vornamen, erfahrt ihr im Artikel meiner Vorgängerin: https://stages.mazblog.ch/obroni-you-are-invited/).

In der Redaktionssitzung besprechen wir die vergangene Woche und alle stellen Ideen für die kommende Woche vor, ich eingeschlossen. Learning by doing, also. Danach gehen alle ihrer Arbeit nach und dabei wird viel geredet, gewitzelt, gelacht und auch Musik gehört. In kürzester Zeit fühle ich mich integriert. Viele kommen vorbei, erkundigen sich, wie es mir geht und wie es mir gefällt, ob ich schon ghanaische Spezialitäten ausprobiert habe, und ob ich Afrobeats höre, und welche Wörter ich in Twi sagen kann. Ich antworte: „Akwaaba„. Alle lachen: «Ein Anfang, aber da geht noch mehr, Akosua!»

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