Malariapanik endet im ghanaischen Spital

Es ist nicht so, dass ich bei Fieber gleich ins Spital fahre. Aber hier in Ghana schrillen bei erhöhter Körpertemperatur schnell die Alarmglocken. Jeder Mückenstich könnte schliesslich Malaria bedeuten. So habe ich meine Samstagnacht unverhofft in einem unvergesslichen Spital verbracht.

Eigentlich begann der Abend entspannt. Mit einer Freundin besuchte ich ein Jazzkonzert. Zu Trompetenklängen, gemischt mit afrikanischen Instrumenten, genossen wir ein Glas Wein und schauten den tanzenden Paaren zu. Während ich mir überlege, selbst das Tanzbein zu schwingen, merkte ich, dass sich meine Beine zu schwer dafür anfühlten. Muskelkater von der gestrigen Joggingrunde?

Egal – ich entschied, nach Hause zu fahren. Die gut gemeinten Überzeugungsversuche des Taxifahrers, dass Gott mir bald ein Kind schenken würde, ignorierte ich geflissentlich. Während der 20-minütigen Fahrt überlegte ich: Sind das die ersten Anzeichen von Malaria? Mein innerer Fieber-Radar (meine «Wetten, dass…»-Fähigkeit) sagte mir das, was mir das Thermometer zu Hause bestätigte: Ich hatte Fieber.

Spital, oder doch lieber abwarten?

In der Schweiz hatte mich das Tropeninstitut eindringlich vor Fieber gewarnt. Man müsse SOFORT ins Spital. Ich wollte jedoch nicht als Hypochonderin abgestempelt werden und beschloss, erstmal abzuwarten.

Der Flur ist eigentlich doppelt so lang.

Vier Stunden später – es war mittlerweile 4 Uhr morgens – hatte das Fieber die 40-Grad-Marke geknackt. Hypochonderin hin oder her, ich bestellte ein Taxi. Doch bevor ich in die weichen Sitze des Taxis sinken konnte, scheiterte ich an den rostigen Schlössern meiner Haustür. Hatte ich doch bis anhin geglaubt, das erhöhte Sicherheitsbedürfnis (was es damit auf sich hat, habe ich im letzten Artikel beschrieben) würde mir den Zugang zum Haus erschweren, so war es nun umgekehrt: Ich kam nicht hinaus.

Die Türen waren der Vorgeschmack auf die nächsten Stunden im Spital, welches ich aufgrund der Google-Bewertungen ausgewählt hatte. „Militär“ im Namen klang in meinem fiebrigen Zustand irgendwie vertrauenerweckend.

Behandelt wird, wer zahlen kann

Dort angekommen, wollte man mich wegen meiner Schweizer Krankenkasse zunächst nicht aufnehmen. Erst als ich erklärte, dass ich alles selbst bezahlen würde, wurde ich zögerlich zum Empfang gebracht. Die Frau dort war zunächst mehr damit beschäftigt, sich darüber Sorgen zu machen, dass ich alleine sei. Erst als ich erschöpft den Kopf auf den Tresen legte, ging es voran.

Hier wurde als erstes geklärt, ob meine Krankenkasse anerkannt wird.

Nach der ersten Bezahlung von 150 Cedis (ca. 8 CHF) folgte die Untersuchung durch den Arzt und die Blutabnahme im Labor. Dazu musste ich durch den langen Gang auf die andere Seite des Spitals gehen. Zugegeben, als Schweizerin habe ich mir ein Spital anders vorgestellt, als es hier aussah: Flackernde Lichter, knackende Geräusche, ab und zu ein Vogelruf, auf einigen Bänken schlafen Patienten mit Verletzungen.

Bevor man mich zur Blutabnahme liess, musste ich eine weitere Rechnung begleichen. Leider funktionierte das Kartengerät auf dieser Seite des Spitals nicht. Wieder hin und zurück.

Privatsphäre gibt es nicht

Der eigentliche «Laborraum» war kaum mehr als ein Stuhl im Flur, Wattepads und Pflaster lagen auf dem Boden. Und hier wurde es dann auch besonders surreal für mich: Der Labormitarbeiter, der deutlich erkältet war, hantierte ohne Handschuhe. Zwei weitere Männer gesellten sich dazu und machten mir Komplimente zu meinen Tattoos. Meine Bitte, draussen zu warten, ignorierten sie. Sie seien hier, um das Blut abzuholen. Meine Privatsphäre war mir in diesem Moment dann auch egal. Ich konzentrierte mich auf den Mann, der die Spritze zückte. Immer noch ohne Handschuhe. Erst nach meiner unfreundlichen Bitte zog er sich gemächlich welche an. „Klar, das mache ich immer so“. Klar.

Drei Stunden müsse ich auf das Ergebnis warten, erklärte mir der Arzt wenig später. In der Zwischenzeit könne ich mich in der Notfallstation hinlegen. Das weiche Bett vor Augen, lief ich erleichtert der Krankenschwester hinterher. Wieder den Gang hinunter.

Im Nachhinein weiss ich nicht mehr genau, was ich mir da vorgestellt hatte. Aber sicher nicht diesen Anblick: Der Notfallraum war überfüllt mit Menschen, die dicht an dicht auf Pritschen lagen. Keine Vorhänge trennten sie. Manche in einem Zustand, der mehr Privatsphäre erforderte, als hier gegeben war. Der Raum stank und auf dem Boden lagen Verbandsreste und andere medizinische Abfälle.

Ich sagte der Krankenschwester, ich würde mich auf eine Bank im Flur legen, schlafen könne ich auch dort. Freundlicherweise liess mich der Arzt auf einer Pritsche im Untersuchungsraum schlafen. Dass ich von dort aus alle Gespräche mit den Patient:innen mithören konnte, war egal.

Übung in Geduld

Drei Stunden später lagen meine Laborergebnisse vor. Dafür musste ich wieder zum Labor laufen. Doch anstatt mir die Ergebnisse dort zu geben, schickten sie sie per Mail direkt dem Arzt. Weshalb ich dorthin gelaufen bin, ist mir auch im Nachhinein ein Rätsel.  

Bis ich die Urinprobe abgeben konnte, musste ich sechs Mal an einem anderen Fenster anstehen.

Zum Glück waren alle Tests negativ. Stattdessen sollte ich nun meinen Urin testen. Die Prozedur begann von vorne: anstehen, bezahlen, warten, wieder anstehen. Doch jetzt noch zäher. Es war Morgen, das Spital hatte sich gefüllt.

Der Arzt bot mir an, mir die Ergebnisse per Whatsapp zu schicken. So konnte ich nach 6 Stunden im Krankenhaus wieder nach Hause.

Lektionen aus der Nacht

Als ich später meiner Gastfamilie erzählte, in welchem Spital ich gewesen war, reagierte sie entsetzt. „Warum bist du in ein öffentliches gegangen? Für eine gute Behandlung musst du in ein privates gehen“.

Öffentliche Spitäler sind oft überfüllt und ineffizient, während private Einrichtungen bessere Standards bieten. Dies allerdings zu Preisen, die sich viele hier nicht leisten können. Diese Tatsache zeigt mir einmal mehr, wie sehr die soziale Kluft in Ghana ausgeprägt ist.

Ob sauberer Strand, gepflegter Erholungsort oder sichere Wohngegend: In Ghana hat alles seinen Preis.

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